Die erste Schlüsselmaschine mit Namen „Enigma“ (griech. „Rätsel“) wurde bereits 1923 auf einem internationalen Kongress vorgestellt. Wenige Jahre später führte die deutsche Reichsmarine eine verbesserte, vor allem in den Abmessungen handlichere Version ein. Streng geheim war keineswegs das Gerät selbst – auch andere Staaten verwendeten die Schlüsselmaschine –, sondern vielmehr die Ver- und Entschlüsselungsverfahren, die benutzt werden konnten.
Das Gerät sah aus wie eine normale Schreibmaschine und war entsprechend leicht zu bedienen, ganz im Gegensatz zu der komplizierten Arbeitsweise: Im Normalfall verfügte die „Enigma“ über drei Walzen, die sich drehten, wenn sie durch elektrische Impulse, die von den Schreibtasten ausgingen, aktiviert wurden. Entsprechend der Anfangsstellung der Walze löste Druck auf eine Taste eine Drehbewegung der ersten Walze und somit einen anderen als den gedrückten Buchstaben aus. Jetzt wurden die anderen zwei Walzen in Bewegung versetzt und auf der Anzeige nochmals ein anderer Buchstabe angezeigt. Der so entstehende verschlüsselte Text wurde mit dem üblichen Telegrafiefunkverfahren gesendet. Mit Hilfe eines Codebuches und indem das Verschlüsselungsverfahren – diesmal in umgekehrter Reihenfolge – erneut durchgeführt wurde, konnte der Empfänger die Nachricht entschlüsseln. Die Kombinationsfolgen der Chiffrierung waren nahezu unendlich, zumal die Anzahl der Walzen noch erhöht werden konnte. Da die Kriegsmarine die Anfangsstellung der Walzen zudem alle 24 Stunden änderte, schien ein Einbruch in den Funkverkehr ausgeschlossen.
Für die Briten bedeutete der deutsche U-Boot-Krieg eine existenzielle Bedrohung, weshalb man fest entschlossen war, hinter das Geheimnis der „Enigma“ zu kommen. In Bletchley Park, einem Landsitz rund 70 km nordwestlich von London, wurden Spezialisten, von Mathematikern bis hin zu Schachexperten, zusammengezogen, um die von britischen Horchfunkstellen aufgefangenen deutschen Funksprüche zu entschlüsseln. Die zunächst kleine Gruppe wuchs bis Ende des Krieges auf mehrere tausend Personen an.
Anfangserfolge stellten sich ein, als erste Walzen von U-Booten und einem Wetterbeobachtungsschiff erbeutet werden konnten. Der große Durchbruch gelang jedoch erst, als es den Engländern gelang, eine vollständige Schlüsselmaschine und weitere Unterlagen aus dem gekaperten Boot U 110 zu bergen. Das lang ersehnte Material wurde sofort nach Bletchley Park gebracht, wo es mit Hilfe eines Vorläufers des Computers nun sehr schnell gelang, in den Funkschlüssel der deutschen Kriegsmarine einzubrechen und nahezu alle Funksprüche mit kurzen Unterbrechungen bis 1945 mitzulesen. Dies versetzte die Alliierten in die Lage, die U-Boote gezielt zu finden und zu vernichten bzw. die eigenen Handelsschiffe entsprechend den U-Boot-Positionen umzuleiten. In der Folge gingen die Versenkungsziffern merklich zurück. Die deutsche Kriegsmarine hatte nichts dagegen zu setzen und blieb bis zur Kapitulation – von vagen Vermutungen abgesehen – im Unklaren darüber, dass es den Engländern gelungen war, ihren Funkschlüssel zu knacken.
Neben einer originalen Drei-Walzen-„Enigma“
mit streckbarem Tauschalphabet der Kriegsmarine veranschaulicht nun eine
Multimediastation in der Marineabteilung des Deutschen Schiffahrtsmuseums
(DSM) in Bremerhaven Betrieb und Funktionsweise der legendären deutschen
Schlüsselmaschine. An einem Terminal kann der Museumsbesucher mit
Hilfe eines Trackballs die Chiffrierung und Dechiffrierung von Nachrichten
selbst ausprobieren.
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